Europas
wilde Weiten
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9.11.2018
Urwälder und Berge, Bären und Wölfe: Die Karpaten locken mit ganz viel Natur; und werden zum begehrten Ziel für Touristen.
S
tille. Keiner redet oder bewegt sich. Wie versteinert starren
alle mit zusammengekniffenen Augen ins Halbdunkel der Lichtung und warten - auf den Bären.
Es sind keine Jäger, die auf den Hochsitz geklettert sind, sondern Touristen, die in den Karpaten mit dem
Kameraobjektiv den Bären ins Visier nehmen. In den Wäldern
Rumäniens
leben noch etwa 6.000 Braunbären in freier
Wildbahn und stellen damit die höchste Population in ganz Europa. Rund 40 sind es allein im Stramba-Tal in den
Südkarpaten.
Kein Wunder - besitzt Rumänien doch so viel ungestörte Natur wie kaum ein anderes Land in Europa.
Die Karpatenwälder mit ihren Mineralquellen sind nicht nur die Heimat von mehr als einem Drittel aller
europäischen Wölfe, Bären und Luchse, sie sind auch eines der letzten Gebiete,
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die noch echte Urwälder zu bieten haben.
13 Nationalparks, drei Biosphärenreservate und 14 Naturparks schützen dieses Naturjuwel Europas und sind
beliebte
touristische Ziele
geworden. Das kann auch die einheimische Wanderführerin bestätigen. Sie stammt aus Transsilvanien, lebt aber
seit vielen Jahren ganz unauffällig im Bärenreservat. In dem Karpatendorf auf 1.000 Meter Höhe mitten im
Nationalpark Piatra Craiului, zu Deutsch auch Königstein, betreiben sie die Pension.
Sie bieten abendliche Fahrten ins Bärengebiet an, organisieren Wanderungen, im Winter auch mit Schneeschuhen,
Kletter- oder Mountainbike-Touren und Tierbeobachtungen. Neben Braunbären sind auch Wölfe und Luchse zu
Hause im Königstein.
Touristenzahlen steigen
Das Interesse an Bärentouren habe deutlich zugenommen, erzählt der Wanderer, „pro Jahr haben wir etwa 1000
Naturfreunde auf dem Hochstand". Das war nicht immer so. „Anfangs haben uns die Verantwortlichen in der
Forstverwaltung nicht ernst genommen, die
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Bären seien doch zum Abschuss da." Erst als sie gemerkt hätten, dass die Bärenbeobachter weniger Aufwand,
dafür aber mehr Einnahmen brachten, hätten sie umgeschwenkt. Und heute sind wir im
Reiseführer für Rumänien
ausrücklich positiv erwähnt, sagt sie.
Naturreisen ins rumänische Königstein-Gebirge zählen zu den Höhepunkten eines Karpatenurlaubs, doch weitere Sehenswürdigkeiten sind ganz in der Nähe.
Rumänien ist längst kein Geheimtipp mehr. Es hat sich innerhalb der vergangenen zehn Jahre zum ernsthaften
Mitbewerber der klassischen deutschen Urlaubsziele entwickelt.
![]() Freie Wildbahn: In den Wäldern Rumäniens leben 6.000 Braunbären |
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Garten der Karpaten
So besuchten 2017 fast 450.000 Deutsche das Land, und mehr als acht Millionen Touristen insgesamt. Tendenz
steigend. „Die meisten deutschen Gäste kommen aus Sibiu, Brasov, Bukarest und Constanta, gefolgt von Medias und
Viseu, sagt Alina, Generaldirektorin für Deutschland und die Schweiz beim
Rumänischen Touristenamt.
Rumänien sei
der „Garten der Karpaten" und hätte auch sonst touristisch viel zu bieten: Moldauklöster, Kirchenburgen,
mittelalterliche oder Barockstädte. Und eben auch unberührte Natur und wilde Tiere in den Karpaten.
„Kein Blitzlicht und ab sofort keine Geräusche mehr", schwört sie deshalb auch ihre
Besuchergruppe
auf dem Hochsitz ein, der versteckt zwischen Hainbuchen, Buchen, Fichten, Gebüsch und
Holundersträuchern am Rande der Lichtung steht. „Still, gleich kommt ein Bär von rechts", sagt die
Touristenführerin. Und in der Tat: Langsam nähert sich ein Schatten, verharrt einen Moment, beobachtet die
Lichtung, und verschmilzt in der Dämmerung mit den Bäumen am Rand der Lichtung.
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